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Friedrich-Paulsen-Schule Niebüll

Schon in den siebziger Jahren des vorletzten Jahrhunderts entstand hier, nämlich in Deezbüll, eine private „höhere“ Schule. Das Patronatsbild, Kaiser Wilhelm I., gemalt von Carl Ludwig Jessen, hängt noch heute im Amtszimmer des Oberstudiendirektors der FPS und weist so auf die eine Wurzel dieser Schule hin. Die andere Wurzel erstreckt sich bis Tondern.

Als nach der Abstimmung 1920 der nördliche Teil des Kreises Tondern an Dänemark abgetreten werden musste, fiel die Wahl zum neuen Kreis-Ort auf das Friesendorf Niebüll, das nun neue Einrichtungen für diese Aufgabe schaffen oder alte aufnehmen musste. So wurde das Tonderner Lehrerseminar nach Niebüll verlagert. Im Jahre 1922 wurden dem Seminar Aufbau- und Realschulklassen angegliedert, verteilt auf viele Lokalitäten in Niebüll, bis 1925 der Neubau der „Friedrich-Paulsen-Schule“ bezogen werden konnte.

Die Schule, entworfen und gebaut von Regierungsbaurat Lütcke, war ein gelungener Wurf, stilistisch zwischen ausgehendem Jugendstil und beginnendem Expressionismus angesiedelt, dabei aber in Material und Gesamtexterieur heimatlicher Bauweise angepasst. Der Bau wird heute noch in der Kunst-Topographie Schleswig-Holsteins geführt.

Der Name „Friedrich-Paulsen-Schule“ ehrt den Professor für Philosophie und Pädagogik an der Universität Berlin Friedrich Paulsen aus Langenhorn (mehr über Friedrich Paulsen finden Sie hier). Der erste Direktor der Schule war der letzte Leiter des Tonderner Seminars, Simonsen. Ihm folgten im Amt der Studiendirektor Dr. Unterhorst und die Oberstudiendirektoren Jochimsen, Jetzek, Hinrichs, Möller, Schwensen, Raloff und Wissel.

1922 zählte die Schule 62 Schüler, 1927 waren es 324 und 1928, als die Ausweitung zur Oberrealschule beschlossen wurde, 380 Schüler. 1929 wurde der Ausbau des Südflügels mit den naturwissenschaftlichen Räumen und der Lehrerbibliothek beendet, der der Schule ihr Gesicht bis Ende der fünfziger Jahre gab.

Der zweite Weltkrieg stellte die FPS vor schwierige Probleme. Ende August 1939 wurden fünfzehn Lehrer einberufen; mit Hilfskräften versuchte man, den Unterricht fortzuführen. Die Oberstufenschüler gingen mit dem „Notabitur“ an die Front, später die l6jährigen als Flak-Helfer an die Geschütze. Die Turnhalle wurde Getreidesilo, Schulgebäude und Schülerheim Kaserne. Am 24.4.1945 wurde der Unterricht eingestellt und erst Anfang 1946 wieder aufgenommen.

In den ersten Jahren wurde nur in den Hauptfächern und nur jeden zweiten Tag unterrichtet, unterbrochen durch dreimonatige „Kohleferien“ im Winter 46/47. Erst nach den Sommerferien 1947 wurde der volle Unterricht wieder in allen Klassen möglich. Aber die Klassen waren durch den Zuzug der Flüchtlinge überfüllt. Deshalb und um den Sylter Schülern den langen Anfahrtsweg zu ersparen, wurde Ostern 1948 eine Außenstelle der FPS in Westerland eingerichtet, die – untergebracht in Baracken – mit 52 Schülern in einer Quarta und einer Untertertia begann. Geplant war die Außenstelle als Progymnasium bis zur Untersekunda; die Oberstufenschüler fuhren weiterhin nach Niebüll. 1953 erhielt Westerland seine eigene Obersekunda und wurde als Gymnasium im Aufbau unter eigener Leitung selbständig.

Dennoch stiegen die Schülerzahlen an der FPS weiter und verlangten nach räumlicher Erweiterung. 1958 wurde der Südflügel entlang der Marktstraße aufgestockt und angebaut und brachte neben etlichen Klassenräumen dringend benötigte Sonderräume. Dieser Erweiterungsbau passte sich im Stil dem bisherigen Baukörper an und ließ den Schulhof noch mit Rasen und Baumreihe abschließen.

Auch die 1967 gebauten vier Pavillonklassen berührten den Schulhof nicht, wohl aber der 1971 bezogene Naturwissenschaftliche Block, der dreistöckig (Biologie, Physik und Chemie von unten nach oben) den Schulhof zum Innenhof machte und in seiner Flachdachbauweise das Bild störte. Allerdings: Der Raumbedarf war vorhanden, denn von 1970 bis 1982 bewegte sich die Schülerzahl der FPS zwischen 900 und über 1000 Schüler. Im Jahre 2000 hatte die Friedrich-Paulsen-Schule 834 Schüler (134 Sextaner, 700 Mittel- und Oberstufenschüler), wobei die Anzahl der Sextaner seitdem von Jahr zu Jahr steigt.

Die FPS hatte nach jahrzehntelanger Vier- oder gar Fünfzügigkeit seit Sommer 1985 nur noch drei Sexten. Bei fast gleich gebliebener Lehrerzahl (etwa 65 Lehrkräfte) konnte das Fächerangebot erhöht werden, so in den Naturwissenschaften um die EDV und in den Fremdsprachen neben den Standardangeboten Englisch, Latein und Französisch nun auch – oder verstärkt gegenüber früher – um Dänisch, Friesisch und Griechisch. Die Schule ist räumlich und mit Lehrmitteln gut ausgestattet. Das war sie als „Staatliches Gymnasium“, und auch der Kreis Nordfriesland, der seit dem 1.1.1982 der Schulträger ist, hat diesen Standard gehalten, ja eher noch verbessert.

Das Leistungsniveau der Friedrich-Paulsen-Schule im kognitiven Bereich lässt sich vielleicht daran messen, dass diese Schule im Lande Schleswig-Holstein mit Abstand die meisten Schüler für die „Studienstiftung des deutschen Volkes“ stellt, wobei der Schule nur das Vorschlagsrecht zusteht, die Auswahltests aber außerhalb abgeleistet werden.

Auch im kreativen und im sportlichen Bereich macht die Schule seit vielen Jahrzehnten immer wieder auf sich aufmerksam: Bei den Preußenmeisterschaften im Schlagball, als gelegentliche Titelträger bei den Landesmeisterschaften im Fußball, im Handball und im Volleyball, bei musikalischen Vorspiel- und Gesangsabenden und mit ihren Leistungen im Schultheater.

Die Friedrich-Paulsen-Schule übt in Niebüll seit Bestehen eine erhebliche Zentralfunktion aus. Der Einzugsbereich der Friedrich-Paulsen Schule umfasst ein Gebiet von circa 50000 Einwohnern. Dabei kamen die Gymnasiasten 2000 vornehmlich aus folgenden Herkunftsorten: Niebüll (179), Leck (166), Bredstedt (10), Risum-Lindholm (60), Langenhorn (62), Süderlügum (42), Stadum (9) und aus vielen kleineren Orten. Im Sommer 2007 betrug die Schüleranzahl insgesamt fast 1240 Schüler. Damit ist die Friedrich-Paulsen-Schule das zweitgrößte Gymnasium des Landes.

Seit 1930 war der Schule ein Jungeninternat, seit Beginn der 60er Jahre ein Mädcheninternat angeschlossen. Ursprünglich für die Inselkinder gedacht, fand es nach Gründung der Gymnasien in Westerland und Wyk eine neue Aufgabe: Der FPS wurde eine „Ländliche Oberschule“ angegliedert. Sie nahm aus ganz Schleswig-Holstein Schüler mit gutem Realabschluss auf und führte sie – mit Anfangsunterricht Latein – in vier Jahren zum Abitur. Es waren tüchtige Klassen, die damals die Internate füllten. Aber durch die Einrichtung von Aufbaugymnasien überall im Lande und später der Fachgymnasien starb dieser Schulzweig. Um nun ins Internat keine Negativauswahl zu bekommen, kaufte das Land das Jungeninternat auf. Es wurde für den Oberstufenunterricht umgebaut und erbrachte dazu Schüler-Aufenthaltsräume, Werkraum, Kunsterziehungsraum und eine Lehrküche. Das Mädcheninternat erwarb die Stadt Niebüll, es beherbergt jetzt eine Beratungsstelle und die Altentagesstätte.

Die Friedrich-Paulsen-Schule ist keine Niebüller Schule – und das kann sie nach ihrem Finanzbedarf auch kaum sein, aber sie ist eine Schule mit Tradition in Niebüll, eine Schule, in der häufig schon Eltern und Großeltern der heutigen Schüler aus Niebüll und Umgebung ihr Abitur gemacht und mit diesem soliden Rüstzeug ihr gutes Fortkommen gefunden haben. Durch diese Schule erfolgte eine Zusammenziehung vieler Akademiker in einem verhältnismäßig kleinen Ort. Das hat Ausstrahlung gezeitigt. Auch das nicht schulische Bildungswesen der Stadt erfuhr durch sie eine erhebliche Bereicherung: Sie gaben und geben noch ihr Fachwissen in vielerlei Kursen weiter, und pensionierte Kolleginnen dieser Schule leiten zur Zeit die Niebüller Volkshochschule und die Universitätsgesellschaft. Auch im kommunalpolitischen Bereich sind Angehörige des Kollegiums der FPS immer wieder tätig gewesen und sind es noch. Sie waren Bürgervorsteher, Stadtvertreter, Stadträte oder Bürgervorsteher der Stadt Niebüll, mit der die Friedrich-Paulsen-Schule nun seit über 75 Jahren so eng verbunden ist.